01. September 2025 – 89.0 RTL

Belästigung

Catcalling: Wie Betroffene reagieren können

Grenzüberschreitend, verletzend und bald strafbar? So könnt ihr auf Catcalling reagieren und Grenzen setzen.

Frau (Symbolbild)

Ein Pfiff, ein „Na Süße, lächel doch mal!“ oder anzügliche Kommentare beim Vorbeigehen: Für viele Frauen gehört Catcalling zum Alltag. Was oft als „harmlos“ abgetan wird, ist in Wahrheit sexualisierend, respektlos und kann ein Gefühl von Unsicherheit hinterlassen. Während Länder wie die Niederlande, Frankreich, Portugal oder Spanien Catcalling bereits unter Strafe stellen, fehlt in Deutschland bisher eine klare gesetzliche Regelung. Dies möchte die SPD nun ändern. Es gilt: Täter sollen ihr Verhalten ändern – nicht die Opfer.

Warum Catcalling kein Kompliment ist

SPD-Politikerin Sonja Eichwede formuliert es deutlich: „Wir sprechen hier von gezielter, erheblicher, mündlicher sexueller Belästigung.“ Es geht nicht um Anerkennung, sondern darum, Macht auszuüben und Grenzen zu überschreiten. Betroffene fühlen sich dadurch unwohl, wehrlos oder sogar bedroht – besonders in Situationen, in denen man spontan kaum reagieren kann, wie beim Vorbeigehen oder allein auf dunklen Straßen.

Die rechtliche Lage in Deutschland

Noch gilt Catcalling hierzulande nicht als Straftat, da es weder als Beleidigung noch als persönliche Herabsetzung gilt. Die seit 2016 bestehende „Nein heißt Nein“-Regelung schützt zudem nicht vor ungewollten und übergriffigen Kommentaren. Trotzdem sprechen die Zahlen für sich, denn die Meldestelle Antifeminismus zählte 2024 über 650 Fälle von verbaler sexueller Belästigung. Die Dunkelziffer liegt jedoch deutlich höher, besonders im digitalen Raum, wo Täter noch unbefangener auftreten.

Strategien für Betroffene: So könnt ihr reagieren

Nicht jede Situation erlaubt es, aktiv zu reagieren. Manchmal ist es sicherer, die Situation einfach zu verlassen. Aber es gibt verschiedene Handlungsmöglichkeiten, die euch helfen können:

  • Klar und deutlich Grenzen setzen: Ein festes „Lassen Sie das!“ signalisiert, dass die Bemerkung nicht akzeptiert wird. Der Ton darf dabei ruhig, aber bestimmt sein. Außerdem empfehlen Experten, betreffende Personen zu Siezen, um die Distanz zu wahren.
  • Ignorieren, wenn es sicherer ist: Wenn ihr allein unterwegs seid oder euch bedroht fühlt, müsst ihr keine Konfrontation riskieren. In diesem Fall kann es klüger sein, schnell Distanz zu schaffen.
  • Andere einbeziehen: In belebten Situationen lohnt es sich, Blickkontakt zu Umstehenden zu suchen oder sie direkt anzusprechen: „Haben Sie das gehört? Können Sie kurz hierbleiben?“ Das bricht die Isolation.
  • Vorfall dokumentieren: Notiert euch Ort, Zeit und Ablauf des Geschehens. Wenn es die Situation zulässt, könnt ihr den Vorfall auch im öffentlichen Raum rechtlich unproblematisch festhalten – etwa durch ein kurzes Video oder Foto. So habt ihr im Ernstfall Beweise, die eine Meldung erleichtern.
  • Keine persönlichen Daten herausgeben: Gebt in unangenehmen Situationen weder Namen noch private Kontaktdaten heraus. Stattdessen könnt ihr die „NoA“ (Nummer ohne Anruf) oder das zugehörige Instagram-Profil („_call_me_noa_“) nutzen. Wer dorthin schreibt, erhält automatisch die Rückmeldung, dass sein Verhalten unangebracht war – ohne eure Identität zu erfahren.
  • „Acting crazy“: Ein TikTok-Trend zeigt, wie Frauen bei Catcalling anfangen zu bellen, zu tanzen oder wie ein Zombie zu laufen. Dadurch könnt ihr die Täter irritieren und von weiteren sexuellen Bemerkungen abhalten.
  • Zivil Courage zeigen: Wenn ihr mitbekommt, dass andere Personen von Catcalling betroffen und unangenehmen oder bedrohlichen Situationen ausgesetzt sind, schreitet ein, ohne euch selbst in Gefahr zu bringen und versucht der betroffenen Person zu helfen.

Fazit: Raus aus der Sprachlosigkeit

Catcalling wird oft im Vorbeigehen geäußert, so schnell, dass Betroffene gar keine Gelegenheit haben, die Situation bewusst einzuordnen. Genau deshalb ist es wichtig, Strategien zu kennen: Grenzen setzen, Hilfe einfordern, dokumentieren. Gleichzeitig wäre eine rechtliche Regelung hilfreich, denn niemand sollte sich im Alltag unsicher oder bedroht fühlen müssen – weder durch Taten noch durch Worte.

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